Der Stress- und Burnout-Guide
KAPITEL 6
Warum habe ich Angst vor Veränderung und Unsicherheit?
Jede Transformation ist ein Schritt ins Unbekannte
Die meisten Fälle meiner Klienten mit chronischem Stress und/oder Burnout, liegen in der Herausforderung zugrunde, sich an die sich ständig verändernde Natur des Lebens anzupassen.
Wie bereits erwähnt, kann in manchen Fällen ein äußerer Auslöser identifiziert und verändert oder beseitigt werden, und der Stress verschwindet.
Aber das ist eher die Ausnahme als die Norm. Wenn sich Stress chronisch wiederholt, mit oder ohne Burnout, liegt dies an bestimmten Mustern von Mindset, Glaubenssätzen und Verhalten.
Jeder Klient bringt seine spezifischen Muster und Überzeugungen mit, die mit seinen Kindheits- und Lebenserfahrungen verbunden sind.
Aber hinter all dem steckt meist eine gemeinsame Angst. Die Angst vor Unsicherheit und vor Kontrollverlust.
Ihr Gehirn und Nervensystem bevorzugen Sicherheit
Um uns am Leben zu halten, hat die Evolution ein sehr effektives System entwickelt: Kampf oder Flucht ("Fight or Flight") und erst im Anschluss nachdenken.
Dieses System hat uns im Laufe unserer Geschichte gute Dienste geleistet, insbesondere vor 50.000 Jahren, als die Entscheidung zwischen weglaufen oder abwarten, was sich hinter einem Busch verbirgt, den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachte.
Auch heute noch steht das gleiche System im Mittelpunkt der meisten unserer Reaktionen. Wir sind darauf ausgelegt, im Angesicht von bestimmten auslösenden Reizen gestresst zu werden, damit wir lernen und leben können.
Unser Gehirn und unser Körper wollen uns beschützen. Und so hat uns die Evolution die Fähigkeit gegeben, Bedrohungen sehr gut zu erkennen. Tatsächlich gibt es Erkenntnisse, dass wir uns 2,7-mal leichter zu einer Bedrohung (dem Negativen) hingezogen fühlen als zu einer Belohnung (dem Positiven). Aus evolutionärer Sicht ist dies sinnvoll.
Unglücklicherweise leben wir in einer Welt ständiger Stress-Auslöser. Diese Auslöser haben sich geändert, unsere Reaktion jedoch nicht. Es ist immer noch derselbe „primitive“ Überlebensmechanismus wie vor 50.000 Jahren.
Ihr Gehirn und Ihr Nervensystem mögen Gewissheit.
Und Neuheit nur in kleinen Dosen.
Gewissheit hilft uns, unsere Umwelt zu kontrollieren. Gewissheit hilft uns, Sicherheit zu erreichen. Zumindest im herkömmlichen Sinne.
Gewissheit hilft Ihnen eher beim Überleben als Ungewissheit.
Weil wir Ungewissheit meiden wollen, erfinden wir Geschichten, um die Lücken zu füllen, und wir schaffen starke Überzeugungen und Meinungen, um der Welt einen Sinn zu geben.
Wir suchen auch nach Neuem, aber normalerweise nur in kleinen Dosen. Ein bisschen Veränderung ist lohnend und aufregend, aber zu viel Veränderung ist bedrohlich.
Um die Unsicherheit zu kontrollieren, versucht sich unser Gehirn gern an Vorhersagen. Wir sind glücklicher, wenn das, was passiert, besser ist als erwartet. Und wir sind unglücklich, wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir es erwartet haben. Einiges davon bemerken wir auf der bewussten Ebene, aber das meiste geschieht tatsächlich unterhalb des Bewusstseins.
Wenn Sie jemanden fragen, warum er mit einer Veränderung zu kämpfen hat, kann er Ihnen vielleicht nicht immer genau sagen "warum" - aber er kann Ihnen auf jeden Fall sagen, dass ihm die Veränderung nicht gefällt.
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Ihr Gehirn und Ihr Nervensystem mögen Vorhersagbarkeit
Wir nutzen unsere Sinne, um die Welt zu verstehen.
Was aus der uns umgebenden Umwelt durch unsere Sinne kommt, sind in Wirklichkeit Daten. Ihr Gehirn „sieht“ oder „hört“ nicht. Ihr Gehirn entschlüsselt lediglich Muster.
Unser Gehirn automatisiert gerne Prozesse und Denkmuster, um Energie zu sparen und Ihre Sicherheit zu gewährleisten. Viele unserer Überzeugungen und Denkmuster, einschließlich Vorurteilen und kognitiven Verzerrungen, sind automatisierte und schnelle Prozesse, die dabei helfen, die Welt zu verstehen und schnellere Entscheidungen zu treffen.
Das treffen von Vorhersagen ist ein Teil davon, denn Vorhersagbarkeit bedeutet Sicherheit. Es hilft, so viel Verarbeitung wie möglich auszublenden, damit sich unser Gehirn hauptsächlich auf das Unerwartete konzentrieren kann.
Unsicherheit und Veränderung sind also in Wirklichkeit die Lücke zwischen dem, was Sie gerade erleben, und dem, was Ihre automatisierten Prozesse (Überzeugungen, Gedanken ...) erwarten.
Mangelnde Sicherheit und Kontrollverlust sind Stress
Unser Gehirn und Nervensystem sind beeindruckende Schöpfungen der Evolution. Sie dienen dazu, uns zu schützen, gehen Bedrohungen bevorzugt aus dem Weg und suchen nach Gewissheit.
Leider wird dieser Mechanismus von der modernen Gesellschaft herausgefordert.
Das Leben ist mehrdeutig, schnelllebig und sich in ständigem Wandel begriffen.
Kein Wunder, dass die Menschen gestresst sind. Sie wollen ihre Umgebung verändern und alle Stress-Auslöser beseitigen. Für sie ist fühlt sich Unsicherheit nicht belohnend an und stellt eine Bedrohung für ihre Identität und ihre mentalen Modelle dar (also wie sie die Welt sehen).
Es ist einfacher, Unsicherheit zu beseitigen und zu einem Gefühl des Gleichgewichts und der Kontrolle zurückzukehren, als sich ihr zu stellen.
Doch für die meisten kehrt dieses Gefühl der Kontrolle nicht zurück, da das Leben immer voller Veränderungen ist.
Dies führt zu Stress. Chronischer Stress und Gefühle der Hoffnungslosigkeit und des völligen Verlusts der Kontrolle über das eigene Leben.
Mit chronischem Stress umzugehen bedeutet, zu lernen, wie man mit Unsicherheit und Kontrollverlust besser umgehen kann.
Es ist nicht einfach. Aber es ist möglich.
Mithilfe der Akzeptanz- und Commitment-Therapie kann ich Ihnen beispielsweise dabei helfen, zu lernen, wie Sie mit Unsicherheit besser umgehen und die Kontrolle loslassen können. Wenn Sie auch dazu bereit sind, loszulassen.
„Untersuchungen zeigen drei Faktoren, die allgemein zu Stress führen: Unsicherheit, Informationsmangel und Kontrollverlust.“ Gabor Maté
Eine neue Version von dir
Für viele meiner Klienten ist chronischer Stress oder Burnout mit dem Erreichen einer „Blockade“ in ihrem Leben und/oder ihrer Karriere verbunden.
Sie haben das Gefühl, dass sie eine Veränderung brauchen. Aber sie haben Angst davor. Sie haben Angst, das Gefühl der Sicherheit hinter sich zu lassen und sich ins Unbekannte zu stürzen.
Da das "nicht wissen" beunruhigend ist, möchten Klienten meist so schnell wie möglich wissen, wie die nächste Version ihrer selbst aussehen kann und wird. Nur wenn sie es wissen, können sie das bisherige Sicherheitsgefühl durch das neue ersetzen.
Doch leider funktioniert es selten auf diese Art und Weise. So beunruhigend es auch sein mag, es ist notwendig, zu lernen, der Zukunft zu vertrauen, bevor die Zukunft klar werden kann.
Jede Transformation ist ein Schritt ins Unbekannte.
Am Anfang ist es beängstigend, aber später äußerst lohnend. Es ist eine Chance für Wachstum und für ein besseres Leben.